hochschulwatch.de ist ein Projekt von Transparency International Deutschland, der taz und dem freien zusammenschluss von studentInnenschaften (fzs). 1,4 Milliarden Euro fließen aus der gewerblichen Wirtschaft jedes Jahr an deutsche Hochschulen — das entspricht einem Fünftel aller Drittmittel. Versuchen Unternehmen damit, Einfluss auf die Wissenschaft zu nehmen? Ist die Freiheit von Forschung und Lehre in Gefahr? hochschulwatch gibt einen Überblick über Verflechtungen zwischen Wirtschaft und Wissenschaft an allen deutschen Hochschulen.
Dieser Ansatz ist sehr lobenswert, obwohl sich das Projekt leider viel zu sehr auf Stiftungsprofessuren konzentriert. Hierbei handelt es sich um planmäßige Professuren auf Zeit oder Lebenszeit, die befristet oder auf Dauer von Drittmittelgebern finanziert werden. hochschulwatch bietet in einer Art Datenbank Informationen zu Stiftungsprofessuren an nach eigener Angabe allen deutschen Universitäten. Leider ist die inhaltliche Darstellung nicht immer kenntnisreich und differenziert genug sowie teilweise sogar fehlerhaft:
1. Es erscheint wenig überzeugend, bei der Auflistung der Hochschulen nicht klar und deutlich zu unterscheiden, ob diese in staatlicher, kirchlicher oder privater Trägerschaft sind. Darüber hinaus erscheint es sehr fraglich, bei einer privaten Hochschule den Einfluss der Wirtschaft kritisch beäugen zu wollen. Kennern der bayerischen Hochschullandschaft ist beispielsweise auch bekannt, dass die „Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege“ weder rechtlich noch faktisch eine Hochschule im herkömmlichen Sinne ist — sondern vielmehr eine Berufs(hoch)schule für den gehobenen Dienst in Bayern.
2. Man ist geneigt, die Macher der Seite hätten nicht sine ira et studio nach Einfluss der Wirtschaft auf das Hochschulwesen gesucht. So findet sich der Eintrag einer Stiftungsprofessur für Neueste Geschichte mit einer Stiftung zur wissenschaftlichen Erforschung der Zeitgeschichte als Stifter. Es handelt sich um das Institut für Zeitgeschichte (IfZ), das in der Rechtsform einer öffentlichen Stiftung bürgerlichen Rechts von Bund und Ländern getragen wird. Die Professur ist keine Stiftungsprofessur, die Stelle des Direktors des IfZ beinhaltet aufgrund einer Kooperation vielmehr auch eine planmäßige Professur.
3. Aber auch in anderen Fakultäten wäre es genauerer Recherchen wert, ob etwa die Bundesagentur für Arbeit oder ein Helmholtz-Zentrum als Stifter von Stiftungsprofessuren auf einer Watchlist gegen Einfluss der Wirtschaft auf die Lehre und Forschung geführt werden sollten. Denn während die Bundesagentur für Arbeit als Körperschaft öffentlichen Rechts ohnehin Teil der mittelbaren Staatsverwaltung sind, wird etwa das Helmholtz-Zentrum grundlegend von der öffentlichen Hand finanziert. Alles in allem leuchten einige der genannten Akteure als Negativbespiele nicht ein.