›Trotz Ignoranz der Mehrheit‹. Ein Plädoyer für den Fortbestand eines vermeintlich anonymen Internet


http://www.spiegel.de/netzwelt/netzpolitik/0,1518,778988,00.html

Die Diskussion um einen Klarnamenszwang im Netz gehört zwar schon nicht mehr zum Tagesgeschehen; trotzdem erscheint es umso wichtiger, die Problematik des staatlichen Zugriffs auf die informationelle Selbstbestimmung aktuell zu halten. Es sei vorab gestattet, an dieser Stelle mit einigen Ammenmärchen aufzuräumen.

1. Eine Anonymität im Netz gibt es nicht! Es ist an der Zeit, dass der Staat, die Wirtschaft und andere Interessenten aufhören, diese handliche Keule stets aus dem Repertoire des sicherheitspolitischen Jahrmarkts zu holen.

2. Jeder Nutzer hinterlässt im Netz durch seine IP-Adresse eine Spur, durch welche er identifiziert werden kann. Sofern ein juristisch berechtigtes Interesse besteht, können staatliche Behörden auf diese Daten zugreifen

3. Eine besondere Schelte erfuhren die Blogger, welche wie der Unterzeichnete ihre Identität nicht preisgeben müssen. Hieran sind einige Fragen zu stellen, die Rückschlüsse auf den ‚Informiertheitsgrad‘ der Allgemeinheit zulassen.

a) Wieso quälen der Rundfunkdienstestaatsvertrag und das Telemediengesetz Seiten- und insbesondere Betreiber redaktionell gestalteter Inhalte mit einem Impressumszwang, welcher die Kasse der Abmahnindustrie klingeln lässt?

b) Welchen Zweck erfüllt mein Impressum (http://www.einsichten-online.de/impressum), wenn die Allgemeinheit einschließlich des Bundesinnenministers offensichtlich nicht in der Lage ist, durch dieses auf meine Person zu schließen.

4. Man muss ja schon froh sein, dass nicht der islamistische Durchschnittsterrorist als argumentum ad hominem herhalten musste. Denn ein deutsches Gesetz für den Klarnamenzwang hätte den islamistischen Terror ähnlich zielgerichtet bekämpft, wie der Biometriezwang für deutsche Personalausweise!

Es bleibt an dieser Stelle nur zu hoffen, dass uns in Zukunft Debatten wie diese erspart bleiben. Neben Vorratsdatenspeicherung und zivilrechtlichem Auskunftsrecht gegenüber Internetprovidern handelt es sich hier um eine Fortsetzung lästiger Debatten der Vergangenheit. Abgesehen davon erscheint die technische Umsetzung eines Klarnamenzwangs höchst fraglich. Wenn sie dem Bundesinnenminister bekannt ist, möchte er mir diese mitteilen. Meine Kontaktdaten sind nach § 55 Abs. 1 und 2 RStV im Impressum eingetragen.

Archiv

Kategorien