#UnivHist 200 Jahre nach den Karlsbader Beschlüssen bringt Bayern fundamentale Freiheiten im Hochschulrecht auf den Weg


https://www.stmwk.bayern.de/download/20668_MRV-Novellierung-des-Bayerischen-Hochschulrechts-Eckpunkte-Hochschulrechtsreform_final_20102020.pdf

Als Historiker ist man erst recht gehalten, einen Vorgang nicht als ‚historisch‘ zu bezeichnen. Die nun anstehende Hochschulreform im Freistaat Bayern ist allerdings zweifelsfrei von universitätsgeschichtlicher Bedeutung.

Rückblick: Im Jahre 1819 wurden die Karlsbader Beschlüsse erlassen und alle Universitäten im damaligen Deutschen Bund einer striktesten staatlichen Aufsicht unterworfen. Bereits zuvor waren die akademischen Korporationen zunehmend dem aufgeklärten Staatsorganismus einverleibt worden. Für die vergangenen 200 Jahre war die Frage des staatlichen Einflusses auf die Universitäten ein vor dem Hintergrund der jeweiligen politischen Situation ständig oszillierender Diskurs.

Literaturhinweise:

Andreas C. Hofmann: Deutsche Universitätspolitik im Vormärz (1815-1848). Ein Beitrag zur Neubewertung des Deutschen Bundes (=Schrif­tenreihe der Stipendiatinnen und Stipendiaten der Friedrich-Ebert-Stiftung Bd. 51), Berlin u.a.: LIT Verlag 2019, 978-3-643-14423-2
www.lit-verlag.de/isbn/3-643-14423-2

Andreas C. Hofmann: Organisationale Hochschulautonomie in Bayern — die Verwendung der Experimentier- und Öffnungsklauseln des Bayerischen Hochschulgesetzes vom 23. Mai 2006, in: wissenschaftsmanagement-online [02.06.2014 / 27.08.2014]
www.wissenschaftsmanagement-online.de/node/4425

Diesen Diskurs will die Bayerische Staatsregierung nun mit einem Hochschulinnovationsgesetz zu einem vorläufigen Ende bringen:

  • Bislang hatten die Hochschulen eine Doppelrolle als Körperschaften öffentlichen Rechts und staatliche Einrichtungen. Sie sollen zukünftig aus ihrer Eigenschaft als staatliche Einrichtung entlassen werden.
  • Das Bayerische Hochschulgesetz enthält umfassende Regelungen zur Organisation der Hochschulen. Diese entfallen und werden von den Hochschulen als Organisationssatzung selbst geregelt.
  • Die Finanzierung erfolgt durch einen nicht mehr in den staatlichen Haushaltsplänen abgebildeten Globalhaushalt, der nicht mehr der Zustimmung von Ministerium und/oder Landtag bedarf.
  • Das Berufungsrecht oblag den Hochschulen bislang durch eine Experimentierklausel. Dies wird nun der Regelfall, wobei die Hochschulen die Verfahrensabläufe durch Satzung ausgestalten können.
  • Die Hochschulen erhalten die Dienstherrneigenschaft, wodurch Hochschullehrer von Beschäftigten des Staates zu Beschäftigten der Universität werden. Ein fundamentaler Statuswechsel!

Von wissenschaftsgeschichtlicher Tragweite ist ein neuer Ansatz der Aufgabenprofilierung der Hochschulen. Die ebenfalls jahrhundertealte duale Einheit von Lehre und Forschung wird zu einem Dreiklang von Lehre, Forschung und Transfer erweitert. Dies unterstreicht die gesellschaftliche Bedeutung der Hochschulen für Nachhaltigkeit, Digitalisierung, Gleichberechtigung und Internationalisierung.

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