Rechtsgutachten zur Rehabilitierung in der Bundesrepublik wegen Homosexualität bestrafter Männer, mit einem historischen Rückblick


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Homosexuelle Handlungen von Männern waren – unter wechselnden Tatbestandsvoraussetzungen – bis 1994 strafbar. Die junge Bundesrepublik hatte den 1935 durch die Nationalsozialisten verschärften § 175 des Strafgesetzbuchs (StGB) übernommen. Nach dem Krieg gerieten deshalb manche aus den

Homosexuelle Handlungen von Männern waren – unter wechselnden Tatbestandsvoraussetzungen – bis 1994 strafbar. Die junge Bundesrepublik hatte den 1935 durch die Nationalsozialisten verschärften § 175 des Strafgesetzbuchs (StGB) übernommen. Nach dem Krieg gerieten deshalb manche aus den KZ befreite homosexuelle Männer wieder in Haft, wo sie ihre Reststrafe verbüßen mussten. Bis zur Entschärfung des ehemaligen § 175 StGB im Jahr 1969 gingen die Repressionen für diese Männer also unverändert weiter. Erst 1994 wurde die Strafvorschrift durch den Deutschen Bundestag vollständig aufgehoben. So kam es zwischen 1949 und 1969 in der Bundesrepublik zu etwa 50.000 Verurteilungen. Die Verurteilungen waren nicht nur strafrechtlich relevant. Sie zerstörten in vielen Fällen Partnerschaften, bürgerliche Existenzen und ganze Biografien. Erpressung und Doppelleben, gesellschaftliche Ausgrenzung und berufliche Vernichtung, Angst und Selbstmorde waren die erschütternde Realität vieler homosexueller Männer. Im Jahr 2002 hob der Deutsche Bundestag die während der Zeit des Nationalsozialismus ergangenen Urteile gegen Homosexuelle auf. Damit wurden die bis 1945 Verurteilten rehabilitiert. Die Opfer der Strafverfolgung nach 1945 bis zur Aufhebung der Strafvorschrift im Jahr 1994 wurden jedoch nicht rehabilitiert, die sie kriminalisierenden Urteile nicht aufgehoben. Zwar hat der Bundestag im Jahr 2000 in einer einstimmigen Entschließung bedauert, dass der § 175 nach 1945 fortbestand. Konsequenzen hat er daraus jedoch nicht gezogen.

© Christine Lüders — Leiterin der Antidiskriminierungsstelle des Bundes: Vorwort, S. 5

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