Kaiserbiographien: Elagabal (218 – 222 n. Chr.)


prospectiva imperialia Nr. 24 [18.09.2014]

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Elagabal

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Elagabal (* 204 wahrscheinlich in Rom; † 11. März 222 in Rom), gräzisiert Heliogabalos, war vom 16. Mai 218 bis zu seiner Ermordung römischer Kaiser. Er hieß ursprünglich Varius Avitus Bassianus, nannte sich aber als Kaiser Marcus Aurelius Antoninus.

Für die antike und die neuzeitliche Nachwelt wurde der Name Elagabal zum Symbol für Lasterhaftigkeit und Dekadenz der römischen Kaiserzeit und für verhängnisvolle orientalische Kultureinflüsse; die moderne Forschung hat sich aber von solchen klischeehaften Vorstellungen befreit und zeichnet ein differenziertes Bild. Ein schwerer Konflikt zwischen konservativem Römertum und der syrischen religiösen Tradition, die der jugendliche Kaiser verkörperte, überschattete seine Regierungszeit. Elagabal scheiterte katastrophal an seinem Mangel an Kompromissbereitschaft und Verständnis für die mit der Kaiserwürde verbundenen Aufgaben; dennoch konnte die herrschende Dynastie sich über seinen Tod hinaus an der Macht halten.

Herkunft

Elagabal war von mütterlicher wie von väterlicher Seite syrischer Herkunft. Sein Vater Sextus Varius Marcellus, ein aus Apameia in Syrien stammender römischer Ritter, hatte in Rom unter Kaiser Septimius Severus als Verwaltungsbeamter Karriere gemacht und wurde dann unter dessen Sohn und Nachfolger Caracalla in den Senat aufgenommen und mit hochrangigen Ämtern betraut; zuletzt war er bis zu seinem Tod 217 Statthalter der Provinz Numidien in Nordafrika. Elagabals Mutter war Julia Soaemias Bassiana, die ältere der beiden Töchter der Julia Maesa, der Schwester der Kaiserin Julia Domna. Also war er mütterlicherseits Großneffe der Julia Domna, der Gemahlin des Septimius Severus und Mutter Caracallas. Er war somit kein Nachkomme des Septimius Severus, sondern nur von dessen Schwägerin. Die männliche Nachkommenschaft des Septimius Severus und der Julia Domna war mit der Ermordung Caracallas 217 ausgestorben, sodass die von Julia Domnas Schwester abstammende Seitenlinie zum Zug kommen konnte, obwohl sie mit Septimius Severus nicht blutsverwandt, sondern nur verschwägert war.

Elagabals Urgroßvater, der Vater von Julia Domna und Julia Maesa, hieß Julius Bassianus. Er hatte in Emesa (heute Homs in Syrien) das erbliche Amt eines Priesters des dort verehrten Gottes Elagabal inne. Von ihm stammt der Name Bassianus (wohl abgeleitet von dem orientalischen Priestertitel Basus), den nicht nur Kaiser Elagabal vor seiner Erhebung trug, sondern auch Caracalla und Elagabals Vetter und Nachfolger Severus Alexander. Die Familie des Julius Bassianus genoss in Emesa höchstes Ansehen, da ihr der Kult der dortigen obersten Gottheit anvertraut war, und verfügte in der Region über erhebliche Macht. Überregionale Bedeutung gewann die Familie und der von ihr gepflegte Elagabal-Kult aber erst infolge der Heirat von Julius Bassianus’ Tochter Julia Domna mit Septimius Severus, der damals (185) noch nicht Kaiser war.

Die Sippe des Bassianus war wohl arabischen Ursprungs. Anscheinend waren es Nachkommen des einstigen arabischen Fürstengeschlechts von Emesa, das dort noch im 1. Jahrhundert n. Chr. regiert hatte und in einem Vasallitätsverhältnis zum römischen Reich stand, bis Kaiser Domitian diese Eigenständigkeit beendete.

Erhebung

As des Elagabal

Der im Heer beliebte Kaiser Caracalla war am 8. April 217 auf Veranlassung des Macrinus, der sein unmittelbarer Nachfolger wurde, ermordet worden. Macrinus verbannte Julia Maesa in ihre Heimatstadt Emesa. Zusammen mit ihr mussten auch ihre Tochter Julia Soaemias und deren dreizehnjähriger Sohn Varius Avitus (Elagabal) Rom verlassen. In Rom hatte Elagabal seine Kindheit verbracht. Nun übernahm er in Emesa gemäß der Familientradition die Würde eines Elagabal-Priesters, die er bis zu seinem Tod beibehielt. Damals soll er durch außergewöhnliche körperliche Schönheit Eindruck gemacht haben. Den Namen „Elagabal“, der dem Gott vorbehalten war, hat er selbst nie getragen und auch von seinen Zeitgenossen nicht erhalten. Die aus falscher Etymologie entstandene Namensform „Heliogabalus“ ist für den Kaiser erst in Quellen des 4. Jahrhunderts bezeugt.

Die Verbannung der Julia Maesa erwies sich bald als schwerer Fehler, denn in Emesa verfügte sie über Vermögen und Einfluss und hatte reichlich Gelegenheit zur Agitation gegen Macrinus, der bei den Soldaten wegen seiner Sparmaßnahmen unbeliebt war. Da das Heer Caracalla ergeben war, hatte Macrinus seine Beteiligung an dessen Ermordung verheimlichen müssen. Nun wurde Elagabal als unehelicher Sohn Caracallas ausgegeben. Damit und durch finanzielle Anreize ließ sich eine in der Nähe stationierte Legion, die Legio III Gallica, dazu bewegen, Elagabal am 16. Mai 218 zum Kaiser auszurufen. Daraufhin nahm Elagabal zwecks weiterer dynastischer Legitimation den offiziellen Kaisernamen Marcus Aurelius Antoninus an, den bereits Caracalla getragen hatte. Zur Belagerung der Aufständischen herangerückte Truppen gingen zu Elagabal über, und die Rebellion weitete sich aus. Macrinus, der sich wegen des kürzlich beendeten Kriegs gegen die Parther noch in Syrien aufhielt, verlor am 8. Juni 218 die Entscheidungsschlacht in der Nähe von Antiocheia und wurde auf der anschließenden Flucht gefangengenommen und getötet. Elagabals Großmutter und Mutter waren auf dem Schlachtfeld anwesend und trugen wesentlich zum Sieg bei, indem sie in einer kritischen Kampfphase die schon fliehenden Truppen zum Standhalten bewogen.

Regierung

Denar des Elagabal

Nach seinem Sieg machte sich Elagabal auf die Reise nach Rom, wo er erst im Sommer 219 eintraf. In Anbetracht seines Alters übte seine Großmutter Julia Maesa faktisch die Regentschaft aus. Große Schwierigkeiten ergaben sich aber bald aus dem ausgeprägten Eigenwillen des jugendlichen Kaisers. Schon seine demonstrative Anknüpfung an seinen angeblichen Vater Caracalla brachte ihn in einen Gegensatz zur senatorischen Führungsschicht, die zu Caracalla in Opposition gestanden hatte. Der Senat hatte Caracallas Tod bejubelt und im Bürgerkrieg für Macrinus Partei ergriffen sowie Elagabal zum Staatsfeind erklärt.

Der neue Herrscher war nicht bereit, auf die Vorrechte des Senats und die Sitten und Interessen der führenden Kreise Rücksicht zu nehmen, sondern hielt sich, obwohl er in Rom aufgewachsen war, ganz an die Gepflogenheiten seiner orientalischen Heimat. So brüskierte er die Stadtrömer, indem er orientalische Priestertracht trug. 219 heiratete er eine vornehme Römerin, Julia Cornelia Paula, die er aber im folgenden Jahr verstieß. Eine zweite Ehe schloss er mit der Vestalin Julia Aquilia Severa, was aus römischer Sicht eine unerhörte Provokation war; darauf stand traditionell die Todesstrafe. Auf Drängen seiner Großmutter trennte er sich 221 von der Vestalin und ging eine dritte Ehe ein, kehrte aber noch vor dem Ende des Jahres zu Aquilia zurück.

Elagabal und seine Mutter waren bald allgemein verhasst. Julia Maesa erkannte, dass er sich nicht auf Dauer würde halten können, und bereitete eine Alternative vor. Sie hatte neben Julia Soaemias noch eine jüngere Tochter, Julia Mamaea. Es gelang ihr durchzusetzen, dass Julia Mamaeas Sohn Alexander am 26. Juni 221 von Elagabal adoptiert und mit dem Titel Caesar zum (nominellen) Mitregenten erhoben wurde. Damit war Alexander zugleich zum Nachfolger seines kaiserlichen Vetters designiert.

Der neue Mitregent war am 1. Oktober 208 geboren, also noch nicht dreizehnjährig. Dennoch war er schon bei den Soldaten beliebt, d.h. es wurde für ihn Propaganda gemacht. Es konnte Elagabal nicht verborgen bleiben, dass die Nachfolgeregelung entweder auf seinen Sturz abzielte oder zumindest von einem baldigen Ende seiner Herrschaft ausging. Daher versuchte er, den Caesar abzusetzen, musste aber erkennen, dass seine Macht dafür schon nicht mehr ausreichte. Wiederholt unternahm er Anschläge auf das Leben seines Vetters. Es wurde klar, dass nur einer der beiden überleben konnte. Da Elagabal militärischer Rückhalt fehlte, war er ohne Chance. Meuternde Soldaten, die von seiner Tante Julia Mamaea gesteuert wurden, ermordeten ihn und seine Mutter am 11. März 222. Der Leichnam des Kaisers wurde in den Tiber geworfen, und der Senat beschloss die damnatio memoriae. Alexander wurde sofort als Kaiser anerkannt. So konnte Julia Maesa vorerst über ihren anderen Enkel den Fortbestand der syrischen, nur dem Namen nach severischen Dynastie sichern.

Auf die Reichsverwaltung, für die sich Elagabal anscheinend kaum interessierte, scheinen die Turbulenzen in Rom unter seiner Herrschaft kaum Auswirkungen gehabt zu haben. Außenpolitisch herrschte Ruhe. Es kam allerdings wiederholt zu Soldatenaufständen, die rasch niedergeschlagen wurden; die beiden wichtigsten (Ausrufung der Gegenkaiser Verus und Gellius Maximus, beide 219) ereigneten sich bezeichnenderweise in Syrien, wo man das militärische Machtvakuum deutlich vor Augen hatte, das nach dem Tod Caracallas eingetreten war.

Religionspolitik

Die Religionspolitik Elagabals stand als vorrangiges Anliegen im Mittelpunkt seiner Regierungstätigkeit. Sie war das markanteste Element seiner Herrschaft und der wichtigste Anlass des Zerwürfnisses zwischen ihm und der Bevölkerung Roms sowie den senatorischen Kreisen. Der Gegensatz war unüberbrückbar, denn der Kaiser wollte nicht nur den vorhandenen Kulten einen neuen hinzufügen, sondern sein Ziel war die Einführung des Elagabal-Kults als Staatsreligion in der Hauptstadt und im gesamten Reich. Die bisherige römische Religion mit Jupiter als oberstem Staatsgott sollte zurückgedrängt und auf den zweiten Platz verwiesen werden. Zunächst war beabsichtigt, den Sonnengott Elagabal als Sol (Sonne) mit Jupiter gleichzusetzen; die römische Jupiterverehrung sollte durch Verschmelzung in dem neuen Kult aufgehen. Später wurde allen römischen Göttern eine untergeordnete Funktion gegenüber dem syrischen Sonnengott zugewiesen.

Den heiligen Stein von Emesa, der dort im Mittelpunkt des Elagabal-Kults stand, brachte der Kaiser nach Rom mit. Es war also von Anfang an geplant, den bisher nur in Emesa verehrten Elagabal zum Reichsgott zu machen. Auf dem Palatin wurde zur Unterbringung des Steins ein Tempel gebaut und eine Priesterschaft eingerichtet. Oberpriester war der Kaiser selbst. Mit einer prunkvollen Festprozession im Sommer waren Spiele und Volksbelustigungen verbunden.

Der Kaiser verkündete und feierte auch die „Heilige Hochzeit“ (Hieros gamos, siehe Hierogamie) des Gottes Elagabal; dieser sollte sich mit zwei Göttinnen vermählen, nämlich erst mit der jungfräulichen Athene (Minerva) und dann mit der karthagischen Urania (Dea Caelestis, Tinnit). Die Hochzeit des Herrschers mit der Vestalin Aquilia sollte die vollkommene göttliche Hochzeit auf der menschlichen Ebene abbilden; er war Oberpriester (sacerdos amplissimus dei invicti Solis Elagabali), sie Oberpriesterin (virgo Vestalis maxima). Aus dieser Verbindung erhoffte er gottähnliche Kinder. Dabei kollidierte Elagabal mit der völlig anderen Auffassung der Römer von den Aufgaben der zu strengster Keuschheit verpflichteten Vestalinnen. Die beiden Seiten standen einander mit ihren unvereinbaren religiösen Überzeugungen verständnislos gegenüber. Seine erste Frau hatte Elagabal wegen eines Körpermals verstoßen; aus römischer Sicht war das tyrannische Willkür, aus seiner Sicht eine religiöse Notwendigkeit, da priesterliche Funktionen körperliche Makellosigkeit erforderten.

Der Versuch des jugendlichen Kaisers, dem Reich eine neue, rein orientalische Staatsreligion zu verordnen und die jahrhundertealte religiöse Tradition der konservativen Römer zu verdrängen, war in der römischen Geschichte beispiellos und musste scheitern. Die unglaubliche Kühnheit des Vorhabens wurde noch gesteigert durch das schroffe und radikale Vorgehen bei der Etablierung des neuen, den Römern fremden und unbegreiflichen Staatskultes. Erstaunlich (aber auch als Symptom bedeutsam) ist, dass dieses Unternehmen immerhin einige Jahre Bestand hatte. Erklärbar ist das Verhalten Elagabals nur, wenn man davon ausgeht, dass er sich tatsächlich – wie seine Münzprägung andeutet – unter dem Schutze seines Gottes als dessen oberster Priester für unangreifbar hielt. Dann werden auch seine anderen unbesonnenen, ja tollkühn anmutenden Schritte und die Ignorierung römischer Sitten begreiflich.

Schon vor Kaiser Elagabal gab es in Rom eine Sonnengott-Verehrung (Sol invictus), die besonders Caracalla förderte. Daran konnte Elagabal anknüpfen. Diese Strömung, die im späten 3. Jahrhundert einen großen Aufschwung erlebte, mag orientalisch beeinflusst gewesen sein. Sie darf aber nicht mit dem Elagabal-Kult gleichgesetzt oder verwechselt werden. Gegen einen Sonnenkult hatte man in Rom grundsätzlich nichts einzuwenden; als Staatsreligion unannehmbar war aber für die Römer die besondere Ausprägung, die Elagabal aus Emesa mitgebracht hatte.

Von staatlichen Maßnahmen gegen unerlaubte Religionen wie das Christentum ist aus der Regierungszeit Elagabals nichts bekannt.

Quellen

Die wichtigste erzählende Quelle ist die relativ ausführliche Darstellung des Zeitgenossen Cassius Dio, der allerdings – voller Empörung – aus der Sicht des Senats berichtet und ein Günstling von Elagabals Todfeind und Nachfolger war. Ebenfalls zeitgenössisch ist die nüchternere Schilderung Herodians. Erst im späten 4. oder gar frühen 5. Jahrhundert entstand die Lebensbeschreibung Elagabals in der Historia Augusta. Sie bietet viel Erfundenes und Unglaubhaftes, daneben aber auch wertvolle Informationen aus einer verlorenen zeitgenössischen Quelle (vielleicht Marius Maximus). Von hohem Wert sind die archäologischen Quellen (Münzen, Inschriften und ein Figurenkapitell).

Wie bei anderen Kaisern, die nach ihrem Tod der damnatio memoriae verfielen, ist auch im Falle Elagabals das Urteil der antiken Nachwelt einhellig vernichtend ausgefallen. In der Historia Augusta erscheint er als finsteres Gegenbild zu seinem idealisierten Nachfolger. Die ihm feindliche Literatur schildert ihn als brutal, barbarisch, despotisch, hemmungslos, feige und pervers. Zur Illustration wird eine Fülle von Skandalgeschichten ausgebreitet. Hier begegnen alle Stereotypen, die aus der Sicht konservativer Römer zum Bild eines abstoßenden Orientalen gehörten, bis hin zur Opferung von Kindern. Daher ist der Name Elagabal für die Nachwelt bis in unsere Zeit zum Inbegriff spätrömischer Dekadenz geworden.

Ein Großteil der Skandalgeschichten ist sexueller Natur. Hierbei ist zu beachten, dass in Elagabals Religion (wie in anderen orientalischen Kulten) der sakrale und der sexuelle Bereich unlöslich miteinander zusammenhingen, ja völlig vermischt waren. Dass der Kaiser nach orientalischem Brauch beschnitten war, war den Römern ein Greuel. Vor diesem Hintergrund sind auch Berichte über Orgien, Homosexualität und Transsexualität, (sakrale) Prostitution, ein Streben Elagabals nach Androgynie und sogar nach Kastration zu deuten. All dies hatte (soweit es zutrifft) eine religiöse Wurzel, für die die römischen Geschichtsschreiber wenig Verständnis aufbringen konnten. Dies gilt auch für Elagabals Gewohnheit des (kultischen) Tanzes und seine fremdartige Priesterkleidung (Kleiderluxus wurde in Rom missbilligt). Der modernen Religionswissenschaft sind die Phänomene vertraut.

Rezeption

Im Mittelalter beruhten die Kenntnisse über Elagabal auf knappen Angaben spätantiker Quellen, nämlich der patristischen Autoren Orosius und Hieronymus und der Epitome de Caesaribus. Entsprechend kurz behandeln ihn daher z.B. Otto von Freising und Vinzenz von Beauvais. In der Renaissance wurde die Quellenbasis stark verbreitert; Giovanni Boccaccio widmete in seinem lateinischen Werk Über berühmte Frauen der Mutter Elagabals ein ausführliches Kapitel, worin er das Thema unter dem Aspekt der Unwürdigkeit einer Dirnenherrschaft behandelte. Damit wurde bereits ein Gesichtspunkt aufgegriffen, der in der Folgezeit neben dem Topos der Hingabe an „jedes erdenkliche Laster“ in der Elagabal-Rezeption eine Rolle spielte, nämlich die Darstellung Elagabals als Sohn einer Hure, verbunden mit der Warnung vor den Folgen einer Einflussnahme sittenloser Frauen auf die Staatsführung. Daran knüpfte sich nicht selten eine generell ablehnende Haltung gegenüber weiblicher Machtausübung. Später trat ein anderer Aspekt in den Vordergrund, nämlich die Vorstellung einer spezifisch orientalischen Despotie Elagabals, die schon bei Edward Gibbon anklingt und im 19. und frühen 20. Jahrhundert dominierte. Da war oft von einem kulturellen Sieg orientalischer Barbarei über traditionelle römische Würde und Tugend die Rede.

Die Gestalt Elagabals hat seit dem späten 19. Jahrhundert zahlreiche Schriftsteller, Maler und Musiker inspiriert. Besonders in Kreisen, wo das Dekadenzbewusstsein die Grundstimmung prägte, faszinierte dieser Stoff. Von dem britischen Maler Lawrence Alma-Tadema stammt das 1888 entstandene berühmte Ölgemälde The Roses of Heliogabalus; es illustriert die Erzählung der Historia Augusta, dass bei einem Bankett Elagabals einige der Gäste unter der Unmenge duftender Blütenblätter erstickt seien, die der Kaiser von der Decke auf sie hinabfallen ließ. Stefan George schuf 1892 den Gedichtkreis Algabal, wobei er die Geschichtsquellen zu Elagabal sorgfältig studierte. Sein Anliegen war, die sakrale Verbindung von priesterlicher und herrscherlicher Würde in ihrem Traumcharakter und ihrem Zusammenhang mit dem Künstlertum im Sinne des Symbolismus spürbar zu machen. Der niederländische Schriftsteller Louis Couperus schrieb den historischen Roman De berg van licht in drei Bänden, der bei seinem Erscheinen 1905/1906 einen Skandal auslöste. Der amerikanische Satiriker Henry Louis Mencken verfasste einen Dreiakter Heliogabalus (1920). Der französische Dramatiker Antonin Artaud schrieb 1934 die romanhafte Biographie Héliogabale ou L’anarchiste couronné (deutsch: Heliogabal oder Der Anarchist auf dem Thron, München 1980). Die berühmteste musikalische Deutung des Elagabal-Stoffs ist Hans Werner Henzes 1972 uraufgeführtes Orchesterwerk (Allegoria per musica) Heliogabalus Imperator. 1981 schuf Sylvano Bussotti die Ballette Phaidra/Heliogabalus.

Siehe auch

Literatur

  • Martin Frey: Untersuchungen zur Religion und zur Religionspolitik des Kaisers Elagabal, Wiesbaden und Stuttgart 1989, ISBN 3-515-05370-0.
  • G. Ray Thompson: Elagabalus: Priest-Emperor of Rome (Diss. University of Kansas), Lawrence (Kansas) 1972.
  • Michael Pietrzykowski: Die Religionspolitik des Kaisers Elagabal, in: Aufstieg und Niedergang der römischen Welt, Band II 16, 3 (hrsg. von Wolfgang Haase), Berlin und New York 1986, S. 1806–1825, ISBN 3-11-008289-6.

Weblinks

 Commons: Elagabal – Album mit Bildern, Videos und Audiodateien

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