Zwischen Republik und Wirtschaftsunternehmen. Zur Organisation einer Universität und der Rolle der Geschichtswissenschaften am Beispiel der LMU München


Präsident, Kanzler, Dekan, Senator, Hochschulrat … dies sind einige Amtsbezeichnungen, welche vielen Studierenden geläufig sein dürften. Was aber macht ein Präsident? Wie wird ein Hochschul­rat gewählt? Was sind die Aufgaben eines Senators? Und welche Mitbestimmungsrechte hat der Ein­zelne? Gleicht die Universität eher einer Republik, wie es der Kandidat für das Amt des Präsidenten der LMU München, der ehemalige Kulturstaatsminister im Bundeskanzleramt Julian Nida-Rümelin propagierte, oder einem Wirtschaftsunternehmen, wie sich die Technische Universität München versteht? Dies sind nur einige Fragen, welche sich einige Studierende stellen, wenn sie von hochschulpolitischen Stichworten hören. Der Artikel wird dies nach Art eines Lexi­kons abhan­deln und versuchen Wirkzusammenhänge darzu­stellen.

Hochschulleitung

Das mit den weitreichendsten Befugnissen ausgestattete Gremium ist die Hochschulleitung. Sie be­steht aus dem Präsidenten, den für einzelne Ressorts zuständigen vier Vizepräsidenten und dem Kanzler als Verwaltungschef. Die Hochschulleitung entscheidet über die Mittelverteilung innerhalb der Universität, die Berufung von Professoren und macht Vorschläge zur Änderung der Grundord­nung sowie zur Wahl der externen Hochschulratsmitglieder. Die Mitglieder der Hochschulleitung werden vom Hochschulrat gewählt. Während das Amt des Präsidenten öffentlich ausgeschrieben wird, wer­den die Vizepräsidenten vom Präsidenten vorgeschlagen. Eine Besonderheit besteht an der LMU darin, dass das Amt des Kanzlers durch das eines Vizepräsidenten für Personal- und Wirt­schaftsverwaltung ersetzt wurde. Eine Neuerung der Hochschulreform des Jahres 2007 stellt die Er­weiterte Hochschulleitung dar. Sie besteht aus den Mitgliedern der Hochschulleitung, den Dekanen sowie als Besonderheit an der LMU je einem Vertreter der wissenschaftlichen Mitarbeiter, der sons­tigen Mitarbeiter, der Studierenden und der Frauenbeauftragten. Sie nimmt überwiegend beratende Funktionen wahr.

Hochschulrat

Der Hochschulrat nimmt an den Universitäten in Bayern die Funktionen eines Aufsichtsgremiums war. Er wählt den Präsidenten und die Vizepräsidenten, beschließt über Änderungen der Grundord­nung sowie auf Vorschlag der Erweiterten Hochschulleitung über die Gliederung der Universität in Fakultäten und nimmt den Rechenschaftsbericht des Präsidenten entgegen. Der Hochschulrat be­steht an der LMU aus insgesamt 16 Mitgliedern, wobei die Hälfte vom Senat aus dessen Reihen be­stellt wird. Die verbleibenden acht Hochschulräte werden nach einem komplexen Verfahren auf Vorschlag der Hochschulleitung vom Senat gewählt und vom Staatsministerium bestellt. Bis 2007 nahm die Funktionen des Hochschulrates der Erweiterte Senat wahr, der aus den Senatoren, den Dekanen sowie weiteren gewählten Vertretern universitärer Gruppen be­stand.

Senat

Am ehesten mit einem Parlament vergleichbar ist der akademische Senat. Dies besteht aus direkt gewählten Vertretern der Professoren, der wissenschaftlichen Mitarbeiter, der sonstigen Mitarbeiter sowie den vom Konvent der Fachschaften gewählten Vertretern der Studierenden. Der Senat be­schließt über die von der Universität zu erlassenden Rechtsvorschrif­ten, wozu insbesondere die Stu­dien- und Prüfungsordnungen gehören, gibt Empfehlungen zu Beru­fungsverfahren ab, bestellt die Mitglieder der zentralen Ausschüsse sowie die hochschulangehörigen Mitglieder des Hochschulra­tes und beschließt über den Vorschlag der Hoch­schulleitung für die nicht hochschulangehörigen Mitglieder des Hochschulrates. Leider verlor der Senat – welcher einem demokratischen Gremium immerhin am nächsten kommt – im Rahmen der Hochschulreform des Jahres 2007 zu Gunsten der Hochschulleitung und des Hochschulrates an Be­fugnissen. So läge nach Gesetzeslage die Abschaf­fung oder Einführung von Studiengängen im Kompetenzbereich des Hochschulrats. Hiervon weicht die LMU durch die so genannte Experimen­tierklausel ab und übertrug diese Befugnis dem Senat.

Fakultäten

Die organisatorischen Grundeinheiten der Universität sind nach Bayerischem Hochschulgesetz die Fakultäten – derer gibt es an der LMU 18. Sie sind für die Berufungs-, Habilitations- und Promoti­onsverfahren zuständig, beschließen über die Studien- und Prüfungsordnungen der ihnen zugeord­neten Fächer und die Ressourcenverteilung innerhalb der Fakultät. Sie bilden somit eine Art akade­mische Lehr- und Forschungseinheit. Ferner wird auf Ebene der Fakultäten in einer paritätisch be­setzten Kommission über die Verwendung der Studienbeiträge beraten, wobei der Dekan die end­gültige Entscheidung trifft. Er ist der erste Mann der Fakultät und wird hierbei vom Prodekan ver­treten. Ferner werden für die Bereiche Studium und Forschung ein Studiendekan und ein For­schungsdekan gewählt. Das entscheidende Gremium der Fakultät ist der Fakultätsrat, welcher sich wie der akademische Senat aus direkt gewählten Vertretern der Professoren, der wissenschaftlichen Mitarbeiter und der sonstigen Mitarbeiter sowie den vom Fakultätskonvent gewählten Vertretern der Studierenden zusammensetzt.

Departments/ Zentren

Die meisten Fakultäten sind in Departments unterteilt. Diese sind – so das Wortungetüm des Ge­setzgebers – wissenschaftliche Betriebseinheiten. So unterteilt sich unsere Fakultät für Geschichts- und Kunstwissenschaften in das Historische Seminar sowie das Department Kunstwis­senschaften. Departments entscheiden selbständig über die Verteilung der ihnen zugewiesenen Ressourcen und Erarbeiten Vorschläge für die Entscheidungen der Fakultät in fachlichen Angelegenheiten. Da die Leitungskollegien der Departments zumindest theoretisch nur mit Professoren besetzt sein können, bedeutet dies, dass die weiteren Gruppen bei der Erarbeitung von Vorschlägen für die Fakultätsgre­mien nicht beteiligt werden müssen. Seit 2008 kam verstärkt noch eine neue Form der Universitäts(zer)gliederung hinzu: So forderte im Rahmen des so genannten 50/40/10-Strategieprozesses die Hochschulleitung die Einrichtung interdisziplinärer Zentren. Diese koordinieren die Ressourcen der Departments auf fakultätsübergreifender Ebene.

Studierendenvertretung

Aufgrund der Experimentierklausel weichen die Vertretungsstrukturen der Studierendenvertretung vom Bayerischen Hochschulgesetz komplett ab und sind weitestgehend dem Parallelmodell nach­empfunden, welches bis 2007 neben den gesetzlich vorgegebenen Strukturen praktiziert wurde. Während das Gesetz zuvor die Arbeit der universitätsweiten Studierendenvertretung dem von den Studierenden direkt gewählten studentischen Konvent und dem studentischen Sprecherrat übertrug, ist das neue Modell realitätsnäher: Das oberste Gremium der Studierendenvertretung ist nun der aus Vertretern der einzelnen Fachschaften bestehende Konvent der Fachschaften. Dies bringt die Arbeit der Studierendenvertretung näher an die Basis. Die Einsetzung von Geschäftsführern und Referen­ten ermöglicht es, die Aufgaben, die zuvor – zumindest offiziell – nur den vier studentischen Spre­cherräten oblagen, auf mehrere Schultern zu verteilen. Aber auch auf Ebene der Fakultäten und der Studiengänge ändert sich vieles. So sieht die neue Grundordnung pro Studiengang eine Fachschafts­vertretung vor; nur fachverwandte oder Studiengänge mit geringen Studierendenzahlen werden zu­sammengeschlossen. Bisher bestand pro Fakultät nur eine Fachschaftsvertretung – zahlreiche Fächer waren somit in einer Vertretung zwangsvereinigt.

Und die Rolle der Geschichtswissenschaften?

Die Geschichtswissenschaften spielen in diesem komplexen Geflecht nur eine sehr kleine Rolle. Mit dem Historischen Seminar verfügen sie über ein eigenes Department, welches zusammen mit dem Department Kunstwissenschaften die Fakultät für Geschichts- und Kunstwissenschaften bildet. Auf der universitätsweiten Ebene spielen die Geschichtswissenschaften nur zusammen mit den Kunstwissenschaften eine Rolle. Der Dekan ist Mitglied der Erweiterten Hochschulleitung und den Professoren der Fakultäten für Geschichts- und Kunstwissenschaften sowie Altertumskunde steht ein Vertreter im Senat zu.

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