Am 16. Oktober 2009 war es endlich soweit. Einen Werktag vor Beginn des Wintersemesters wurde an der LMU auch die Studien- und Prüfungsordnung für den BA Geschichte als Nebenfach amtlich bekannt gemacht. Vorausgegangen war – wie bei allen von der Umstellung betroffenen Fachrichtungen – ein langwieriger Prozess zuerst interner Diskussionen, welche dann – vor der Absegnung durch die zuständigen Universitätsgremien – noch von der Rechtsabteilung der LMU abgesegnet werden mussten.
Was aber änderte sich nun? Es kann uns soll nicht darum gehen hier den Münchner BA vorzustellen. Wer sich für Details interessiert sei auf die – nebenbei bemerkt selbst für Experten unleserlichen – Anhänge zur Studien- und Prüfungsordnung (Amtliche Bekanntmachung der LMU Nr. 402 und 424) oder auf den guten Überblick im Studienleitfaden (http://www.geschichte.uni-muenchen.de/download/ba_leitfaden_studi.pdf) verwiesen. Steht immer noch die Frage im Raum: Was aber änderte sich nun?
Vorauszuschicken ist, dass der Spielraum der Einzelfächer bei der Gestaltung ihrer Studiengänge durchaus eingeschränkt war. Zu beachten waren mit Richtlinien der EU bis zur Hochschulleitung Vorgaben verschiedener Instanzen.
1. Zum einen änderte sich die Freiheit des bisherigen Magisterstudiums – oder sagen wir eher: Sie wurde abgeschafft. Während das Studium eines Magisterstudenten in Grund- und Hauptstudium unterteilt war, im Rahmen dessen er Zeitpunkt, Art und auch Wiederholung der bis zur Zwischen- bzw. Abschlußprüfung zu erbringenden Leistungen selbst bestimmen konnte, haben Bachelor-Studenten klare Vorgaben. Entweder sie absolvieren die vorgeschriebenen Module spätestens beim zweiten Versuch, oder das Studium kann nicht fortgeführt werden.
2. Der Leistungsdruck auf Bachelor-Studenten steigerte sich enorm. Denn jede belegte Lehrveranstaltung wird nun abgeprüft und geht in die Endnote ein. Dass dies durchaus die Fairness insofern erhöht, als nach einem mehrjährigen Studium nicht einige wenige Prüfungen über die Abschlussnote entscheiden ist unbenommen. Dass allerdings bereits ab dem ersten Semester über die Endnote entschieden wird, ist für viele Studierende ein Damoklesschwert. Es gibt gegenwärtig zwar Bestrebungen, den Leistungsdruck in den ersten Semestern zu verringen. Inwiefern diese allerdings fruchten, wird die Zeit zeigen.
3. Einer der Hauptkritikpunkte am Bachelor ist neben dem erhöhten Leistungsdruck durch die Endnotenbildung auch die enorm gestiegene Arbeitsbelastung. Jede besuchte Veranstaltung wird mit einer bestimmten Zahl an ECTS-Punkten (European Credit Transfer System) ausgewiesen. Dass diese ursprünglich gedacht waren, die internationale Vergleichbarkeit des Studiums und somit den Wechsel ins Ausland zu erhöhen mag ja schön und gut sein – das Problem ist nur, dass wegen der erhöhten Arbeitsbelastung niemand mehr wird ins Ausland gehen können geschweige denn wollen. Aber zurück zu den ECTS-Punkten: Nach einer Vorgabe der Kultusministerkonferenz muss jeder ECTS-Punkt, mit welchem eine Lehrveranstaltung ausgewiesen wird, 35 Arbeitsstunden entsprechen. Dies bedeutet m Beispiel des BA Geschichte einen enormen Anstieg an Arbeitsaufwand. Während das auf 3 Semester ausgelegte Grundstudium des bisherigen Magister nach 9 SWS scheinpflichtiger bzw. 21 SWS an Lehrveranstaltungen insgesamt abgeschlossen war, enthalten die ersten 3 Semester des BA insgesamt 27 SWS an Lehrveranstaltungen – welche nach BA-Manier auch alle mit einer Prüfung enden, in die Endnote eingehen und über den Fortgang des Studiums als solches entscheiden.
4. Um die gesamte Verwaltung der Prüfungen, die Überschneidungsfreiheit der Lehrveranstaltungen – welche auch nur insofern gesichert werden konnte, als man mehrere Fächer zu einem sogenannten breiten Nebenfach zusammenlegte – und nicht zuletzt die Raumvergabe irgendwie zu operationalisieren, wurde das Veranstaltungsmanagement-System LSF (Lehre / Studium / Forschung) eingeführt. Um es kurz zu fassen: Das unter lsf.uni-muenchen.de verfügbare System, welches nun auch die Kommentierten Vorlesungsverzeichnisse automatisch generiert, hat sich in weiten Teilen der Uni bereits ziemlich unbeliebt gemacht. Abgesehen von einigen Kinderkrankheiten, müssen nun Räume für Veranstaltungen bereits gebucht werden, wenn eine solche noch nicht einmal in Planung ist. Studierende erhalten ihre Noten nicht mehr im persönlichen Gespräch, sondern alleine zu hause aus dem Computer und nicht zuletzt aus Datenschutzgründen wird eine derartige Datenansammlung von vielen auch argwöhnisch beäugt.
Summa Summarum: Das der BA kommen musste, war abzusehen. In welcher Form er kam, war nicht gern zu sehen. Es sei einem Wissenschaftshistoriker erlaubt, anzumerken, dass eine derartige Einschränkung der Freiheit des Studiums bereits in den Jahren 1832ff. im Geiste reaktionären Denkens und aus Angst vor politischer Betätigung der Studierenden stattfand. Inwiefern eine (hochschul-)politische Betätigung der Bachelorstudierenden bei dieser Arbeitsbelastung in Zeiten von Studiengebühren überhaupt noch möglich sein wird, wird die Zeit zeigen.